BERNWARD BODEN: Erfahrungsbericht eines pensionierten Polizeibeamten und Kriminalermittlers aus NRW – Teil II Flüchtlinge, Einwanderer (Initiative an der Basis)

Erfahrungsbericht von Bernward Boden,  pensionierter Polizeibeamter und Kriminalermittler aus NRW.

Flüchtlinge, Einwanderer, Integrierte  – Teil II

von Bernward Boden

Erfahrungen mit unterschiedlichen Einwanderergruppen und Flüchtlingen

Bernward20und20AlteUniform20ca197520001Etwa ab Ende der 80er Jahre war ich regelmäßig auf Einladung der Landesarbeitsgemeinschaft Einwanderer in NRW deren Gast und diskutierte und überlegte mit. Ab den 90er Jahren machte ich auch im entsprechenden DGB Arbeitskreis in Köln mit. Ich saß dort zusammen mit – vor allem – türkischen Einwanderern, wusste aber von fast allen nicht, ob sie neben ihrem grünen Engagement noch andere Interessen verfolgten.

Das ergab sich erst durch viele Gespräche mit einer grünen Ratsfrau, Sengül S., die mir vertraute und wohl auch froh war, jemanden kennenzulernen, der durch die Tätigkeit und Ausbildung der Polizei einen objektiven, fundierten Blick auf die Bandbreite der Flüchtlinge und Einwanderer zu haben schien.

Und darum lernte ich das Thema Einwanderung von verschiedenen Seiten kennen. Ich erfuhr von den massiven Verfolgungen der Armenier, ich erfuhr davon, dass Aleviten und Derwische in der Stadt Dersim lange Zeit im Übergang vom Osmanischen Reich zur Türkei Kemal Atatürks leiden mussten, verfolgt wurden, ihre Dedes und Pirs verfolgt und ein wichtiger Repräsentant auch ermordet, sprich hingerichtet worden war, weil man ihm unterstellte, Terrorist zu sein. Sei sei das auch Jahrzehnte später in der Türkei noch. Man erfuhr, wie in der militärischen Diktatur der Türkei in den 80er und 90er Jahren noch Menschen verhaftet wurden, Angehörige von Menschen, die deshalb aus der Türkei nach Deutschland geflohen waren, aber hier das Problem hatten, von Ausländerfeinden abgelehnt zu sein. Ich wollte das in jedem Fall durchbrechen, freundlicher Ansprechpartner sein. So arbeitete ich weiter in diesem Bereich und ergänzte damit meine Tätigkeit bei den Kritischen Polizisten, die bekanntlich die Aufarbeitung der Rolle der Polizei im NS-System forderten, und darüber hinaus auch zahlreiche Punkte benannten, in denen die Polizei zur Durchsetzung politischer Ziele eingesetzt wurde. Hier sind die Atomtransporte zu nennen, aber auch Großobjekte wie Wackersdorf, die nicht wirklich demokratisch zu Stande zu kommen schienen.

Hauptfunkstelle

Ich schlussfolgerte, dass türkisch-alevitische Flüchtlinge, die – einmal anerkannt – hier Fuß gefasst hatten, sich schnell weiterbildeten, die deutsche Sprache gut lernten, einen hohen Bildungsstand hatten, Geschäfte betrieben, Gastronomie, Literatur, Sozialarbeit und Gewerkschaftsarbeit. Viele dieser privaten Kontakte hatte ich. Und so begegnete ich denen, die mir beruflich begegneten, weil sie Opfer von Straftaten, Zeugen oder auch gelegentlich Konfliktpartner in Streitigkeiten, stets mit dem offenen Interesse, das sie m.E. verdienten.

Schnell konnte man aber dann auch Spreu vom Weizen trennen. Ich stellte fest, dass türkisch-islamische Geschädigte sehr ängstlich waren, was Polizei betraf. Hingegen Tatverdächtige sehr machomäßig auftraten oder gar nicht erst der Vorladung folgten; das war im übrigen ihr gutes Recht. Es fiel mir nur auf, dass stets bestimmte Anwälte sie vertraten, die wohl dazu rieten, gar nicht erst mit dem Kriminalbeamten zu sprechen.

2013-08-08 11.09.04 copyGleichzeitig ergab sich aus meiner beruflichen Erfahrung, dass ich täglich Hunderte von Strafanzeigen in unserem Großraumbüro – und ich später wieder im Einzelbüro – bearbeitete, in denen zwar Täterbeschreibungen gewisse Zuordnungen möglich machten, aber letztlich nichts ermittelbar war; zumal in den 90er Jahren und in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts bis etwa 2012 die Staatsanwaltschaften und Gerichte sehr lange brauchten, um Öffentlichkeitsfahndungen mit Bildern aus Überwachungskameras zu erlauben. Manchmal dauerte das Wochen und Monate. Selbst die Recherche innerhalb der Behörde mit Täterfotos war oft ein schwieriger Umstand, wenngleich viele Bezirksbeamte viele „Pappenheimer“ von wiederholten Sichtungen kannten oder erkannten.

Es gab ein paar Gruppen, die immer wieder straffällig und verdächtig waren. Aber sie zu nennen, fällt mir auch hier in diesem Text schwer. Wirft die Presse und werfen die „Aktivisten“ der Linken uns doch vor, Vorurteile zu schüren.

2010-05-15 15.47.32Aber was macht man denn, wenn eine „Familie“, also Erwachsene und Kinder, die nicht mal die Kinder der Erwachsenen sein müssen, immer wieder bei Diebstählen, Kellereinbrüchen, Laubeneinbrüchen auffallen? Wie geht man damit um, dass bei DNA-Untersuchungen an Einbruchstatorten mir mal einer aufgefallen ist, der 450mal in ganz Europa Einbrüche begangen hat, ein Rumäne mit diversen Identitäten, der überall seine Spuren hinterließ, und der am Ende durch meine Ermittlungen auch in den Verdacht kam, an zwei Tatorten in Tötungsdelikte involviert zu sein.

Wer diese Zeilen liest, wird sich die Frage stellen, was denn genau mir auf den Nägeln brennt bezüglich der aktuellen Einwanderungszahlen nach 2012 bzw. 2015, als die Bundeskanzlerin Art 16a GG und Dublin III mal eben aufkündigte, und das ohne Parlament? Genau dies.

Als langjähriger Polizeibeamter habe ich gelernt, jeden Eingriff in individuelle Freiheitsrechte auf der Grundlage der Abwägung kollidierender Grundrechte zu betrachten. Ich lernte bei jedem Einsatz einer Rechtsgrundlage, dass es eine Prüfung der Rechtmäßigkeit, Erforderlichkeit, Geeignetheit und vor allem der Verhältnismäßigkeit gibt. Und ich spürte, dass das Parlament nicht einmal den Anlass politisch bewertete, der Grundvoraussetzung für Grundrechtseinschränkungen ist. Und dass das Hineinlassen von Entlassenen aus syrischen Strafgefängnissen, IS-Kampfpersonen und -gruppen, aber auch Familien von kämpfenden Einheiten, unbegleitete junge Leute, die sich als minderjährig ausgaben, die aber nicht einmal darauf geprüft wurden, ob es tatsächlich Minderjährige sind… all das beginnt damit, dass ich vergeblich auf eine Diskussion des Parlamentes wartete. Man hatte entweder alles laufen lassen, was die Regierung Merkel machte, oder man hat hinter den Kulissen Absprachen getroffen oder gar Aufträge erfüllt. Wessen, ist völlig ungewiss.1974 in Düsseldorf0001-Bernward Boden

Meine Erfahrungen aus den 90er Jahren mit Flüchtlingen, meine Freundschaft mit diversen Menschen, die ihrer Heimat wegen Militärdiktaturen, islamischen Verfolgungen, Genoziden entkommen waren, waren durchweg erstmal positiv. Ich sah Menschen vor mir, die dankbar waren, dass sie hier in dem freien Land leben durften. Niemand machte ihnen Vorschriften, wie sie in der Familie zu leben hatten, was sie einkaufen wollten, was sie einmal lernen und arbeiten wollten. Die Grenzen  setzte allerdings die deutsche Realität. Hohe Arbeitslosigkeit, keine Infrastruktur für systematische Begleitung von Flüchtlingen, rassistische Anschläge in einigen Städten des Ostens und auch in Städten wie Solingen – das war das, was auch mir als Beamten der Strafverfolgungsbehörden, der laut Gesetz nach Par. 163 StPO ungeachtet jeder politischen Debatte verpflichtet war, (inhaltlich!) „alle notwendigen und unaufschiebbaren Tatsachen zusammenzutragen, die zur Aufklärung der Straftat und Feststellung der Tatverdächtigen erforderlich, geeignet und notwendig sind“.

Meine Einstellung zu dieser auf das Grundgesetz gestützten Bundesrepublik war also schon in diesem Augenblick massiv beeinträchtigt. Hier hatte die Regierung alles außer Kraft gesetzt, was bindend war. Nichtjuristen machten das. Aber Verfassungsrechtler aller Couleur warnten und wurden zum Schweigen gebracht.

Ich sah nun, wie freundlich in München die ersten Einwanderermassen, und das waren sie, freundlich begrüßt wurden. Auf meiner Facebookseite blendete ich auch das „Refugee welcome“ ein, denn ich lasse mir nicht nehmen, berechtigte Flüchtlinge auch herzlich im Land der Freiheit und der Demokratie zu begrüßen. Dann aber merkte ich, dass sektenartig und abgeschottet linksgerichtete Gruppen unter dem Label „Flüchtlingsrat“ meinten, die Sprachregelungen kontrollieren zu müssen. Schon 2015. Die Warnung, die auch ich in dem Kreis abgab, den ich persönlich kenne, war deutlich: „Da kommen Leute mit, die vom IS aus Strafgefängnissen entlassen wurden, zum Teil Schwerverbrecher. Nicht alle Inhaftierten der Assad-Regierung sind unschuldige Pastorentöchter. Die müssen prüfen, wer da kommt, das bekommen die sonst nicht mehr in Griff“. Und ich beließ es ja nicht dabei, wie ich schon schilderte. Ich schrieb den örtlichen Polizeipräsidenten und dann den Innenminister an. Ich wollte die auch in Nordwestdeutschland mit Bussen antransportierten Zuwanderer, die man pauschal Flüchtlinge nannte, obwohl sie von Österreich und zuvor von Ungarn kamen und deshalb schon gar keine mehr sein konnten, erkennungsdienstlich behandeln. Ich wollte, dass man ihnen einen Einwanderungsausweis gab, wie z.B. eine Payback-Karte, auf der man sehen kann, wer das ist und wo jemand schon diesen Ausweis vorgezeigt hatte. Daneben brauchte man Fingerprint und DNA, damit niemand einen Ausweis eines Anderen vorlegen kann, den man ja leicht stehlen kann. Und dass gestohlen wurde, das war und ist mir ständig untergekommen. Das war auch in den 90ern der Hauptgrund neben Beförderungserschleichung und Betrug, weshalb ich dienstlich tätig werden musste. Daraus folgerte meist die aus Selbstjustiz kommende Gewalt bis hin zum Messereinsatz.

Nichts geschah. Man schrieb irgend einen Namen auf, den man meinte gehört zu haben. Die Schreibweise wurde phonetisch gemacht, der Täuschung war Tür und Tor geöffnet. Und das, obwohl ich in Twitter die Androhungen von IS-Verbrechern gelesen hatte, die Videos mit den Köpfungen von westlichen Helfern zeigten, die in die Hände dieser Verbrecher gelangt waren. Man musste also damit rechnen, dass die Massenmörder auch eine Abteilung nach Europa schickten, wie sie androhten. Und das geschah ja auch. Zahlreiche Anschläge in Frankreich, Großbritannien, Spanien und Deutschland bewiesen das. Erstaunlich war, dass Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei kaum solches vermeldeten. Denn da wollten die Einwanderer insgesamt nicht hin. Offenbar auch nicht die Terroristen, die sich unter die friedlichen Flüchtenden gemischt hatten. Die meisten dieser Einwanderer waren junge Männer, die man hier „Minderjährige“ nannte, obwohl sie einen Vollbart trugen und viel älter wirkten. Ich war stocksauer.

So begann ich statt biblischer Texte und schöner Bilder aus Ostfriesland nun zunehmend Berichte in Facebook zu teilen, die von der Zensur alsbald als Grund für lange Sperrungen genommen wurden.

So hielt ich weiter Kontakt zu all den Migrantinnen und Migranten, von denen ich wusste, dass sie die aktuelle Einwanderungspolitik als Bedrohung für sich ansahen. Sehr bald kamen pauschale Rassisten in den Medien zu Wort, die Ausländer generell, Einwanderer generell zu unerwünschten Personen machten. Auch das brachte mich auf die Palme.

Erstaunlich war, dass mir auffiel, welche Personengruppe am meisten abwich von den Erfahrungen, die ich hatte. Auch hier in Ostfriesland tauchten sie auf. Vollverschleierte Frauen, die nicht grüßten. Bärtige Männer mit weißen Kleidungsstücken und Hüten, die eilig auf den Straßen irgenwelchen Zielen zustrebten, aber niemanden anschauten. Ich grüße hier jeden, der mir dicht entgegen kommt. Das ist hier so üblich, dass man zumindest lächelt und kurz nickt. Manchmal spricht man kurz ein „moin“, wenn man sich schon mehrmals gesehen hat. All das machten die Herren nicht. Und die Frauen? Keine Ahnung, ich sah nur ganz wenige. Auch in der Flüchtlingsunterkunft sah ich eine Einzige. Und zwar in der Familie, die dort zeitweilig wohnte. Freundliche nette Leute, aber völlig abgeschottet, auch von den übrigen Männern im Haus. Als das Museum da rausflog, war auch meine Möglichkeit nicht mehr da, mich in irgendeiner Weise ehrenamtlich zu betätigen. Der Kontakt war damit beendet. Warum nennt man ein Haus einer gemeinnützigen Bildungseinrichtung wie der Kreisvolkshochschule „Integrationszentrum“? Warum lädt man den Bundespräsidenten ein, der es eine „Vorzeigeeinrichtung der Integration“ ist, wenn nicht mal der örtliche Bezirksvorsteher eingeladen wird, die Anwohner nicht, die umliegenden Dörfer nicht, diejenigen, die sich aktiv gemeldet haben, um ehrenamtlich mitzuarbeiten? Warum wird der örtliche Pfarrer nicht eingeladen, der Kirchenvorstand, die Gemeinde, die sonntags Spenden sammelt? Warum lässt man keinen Kontakt zwischen Ortsansässigen und Eingewanderten zu? Warum lügt man öffentlich über die Zahl der Bewohner?

Nun begann also so ab 2016 die Zeit, in der ich nur noch von Messerstechern las, verhaltensauffälligen Nordafrikanern, eine gute Bekannte aus meiner Zeit als Ehrenamtlicher teilte mir von der Vergewaltigung ihrer Tochter mit. Nichts sei mehr wie früher. Dann sprach mich ein Mitsänger in einem der Chöre an. Seine Tochter sei im Rahmen der bekannten Silvesternacht 2016 auf der Domplatte vergewaltigt worden. Sie verachte von nun an jeden Polizeibeamten, weil die damals daneben standen und nichts getan hätten. Ich bot ein Gespräch an, sie lehnte ab, nie wieder werde sie mit einem Polizisten reden. So tief sitzt die Trauer und Enttäuschung über das, was in Köln geschah.

Vor einigen Monaten hatte ich einen Termin in Köln. Wir gingen mit mehreren älteren Personen von der Haltestelle Hansaring in Köln am Café Schmitz vorbei, in dem ich früher oft mal einen Kakao getrunken hatte, wenn ich dort vorbei kam. Wir wollten zum Eigelstein, weil dort eine Stadtführung beginnen sollte. Mit uns kam ein gehbehinderter Mann, der früher bei der Integration der Vietnamesen sehr aktiv war. Ein pensionierter Englischlehrer. Ein schweres schwarzes Fahrzeug hielt an, drehte die Scheibe runter und krakeelte laut: „Sind die Deutschen hier alle behindert. Ist ja furchtbar. Alles Krüppel“. Just in diesem Moment passierten wir eine Gruppe dunkel gekleideter offensichtlicher Ausländer. Jedenfalls sprach von ihnen keiner deutsch. Sie standen vor dem ehemaligen Kino und blockierten den kompletten Gehweg. Der humpelnde Mann musste nun auf die befahrene Fahrbahn dieser Seitenstraße treten, weil niemand der Herren zur Seite ging. Ich beobachtete, wie sie sich gegenseitig angrinsten. Ja, die Kuffar, dachte ich. Wir sind für diese Gruppe Untermenschen. Unfassbar. Und daneben eben der grölende dunkelhaarige Machomann, der sich über die deutschen Krüppel ausließ. Wir mussten noch einige hundert Meter weiter durch die Gassen. Und überall standen diese Cliquen. Überall dasselbe Schauspiel.

Ich kümmerte mich damals um einen Jugoslawen, aus welcher Region, kann ich nicht sagen. Offenbar ein Christ. Es könnte auch eine gemischte Ehe gewesen sein, in der Religion nur insofern eine Rolle spielte, als das Elternpaar sich herzlich um seine Kinder kümmerte und voller Dankbarkeit war. 20 oder 25 Jahre später riefen sie an, um sich zu bedanken dafür, dass ich damals so freundlich zu ihnen war – und das als Polizist. Nun habe er, der Vater der älter gewordenen Familie, zusammen mit seiner Familie gesessen, alte Bilder angeschaut und festgestellt, dass da noch ein Foto war, das ich für diese Familie mal gemacht hatte und ihnen geschenkt hatte. Mehr war das nicht. Eine freundliche Geste. Aber es war wohl ein Augenblick der Erkenntnis. – Nun schaue ich die Schlagzeilen der Regionalzeitungen an, eine mühsame Arbeit, denn überregional werden viele Dinge augenscheinlich nicht berichtet (DLF nannte es in einer Erklärung mal ein „lokales unwichtiges Ereignis“, weil ein Säbelträger auf offener Straße einen Menschen ermordete und dabei Allah u akbar gerufen hatte. Ich wette, dass der Säbelmörder, und auch der, der einige Wochen später auf offener Straße seine ihm abtrünnige Frau aus dem Auto zerrte und zerstückelte, dass diese Männer alle nicht die dankbare Grundhaltung in sich trugen, die der Jugoslawe mir bekundet hatte.

Ich hatte mal eine ganze Reihe von festgenommenen Osteuropäern erkennungsdienstlich zu behandeln und dann zu vernehmen. Sie hatten eine Serie von Diebstählen begangen und waren nun festgenommen worden. Da standen dann Leute vor mir, die völlig verdreckt waren. Eine der Taten war es, auf einer Straße Leute anzuhalten, sie auf der Fahrerseite abzulenken mit einer Frage, während auf der anderen Fahrzeugseite die Tür geöffnet wurde, um dort Laptop und Aktentasche oder Geldbörse zu entwenden. Einer erzählte mir, man sei mitsamt dem Bürgermeister der rumänischen Dorfgemeinschaft mit einem Bus angereist. Einige hatten offizielle Hilfsarbeiten gefunden, die übrigen gingen auf Diebestour. Eine rumänische Polizeibeamtin, die in einer Kooperationsgruppe zeitweise uns unterstützte, erklärte mir, dass die Leute aus einem Bergdorf kämen, in dem früher mal auch Deutsche gewohnt hätten. Die seien alle in den Westen oder woanders hingezogen, übrig geblieben seien diese Leute, die nun keine Arbeit hätten, sich auch nie was hatten einfallen lassen wie Viehzucht oder Landwirtschaft, sie würden lieber eine Weile im Westen irgendwas tun, und sei es kriminell, Hauptsache das Dorf bekäme wieder Geld. Ein Europa dieser Art hat sich offenbar entwickelt.

Nordafrikanische Flüchtlinge sehe ich nur selten bei uns. Es sind vorwiegend orthodoxe Christen aus Eritrea oder solche, die sagen, sie seien es. In unseren katholischen und evangelischen Gemeinden habe ich sie noch nie gesehen. Weder sonntags noch in irgend einem Angebot. Eine einzige Ausnahme war eine Familie, die von einem über 80jährigen Ehepaar ein paar Jahre betreut worden waren. Sie hatten Möbel beschafft, neuwertige IKEA-Möbel, wenn auch gebraucht. Aber die Frau hatte wohl niemals z.B. in einem Haushalt gearbeitet und war völlig hilflos. Die 80jährige musste ihr erst alles mühsam erklären, und haften blieb nach deren Auskunft nicht viel. Der Mann hatte einen 450-Euro-Job in einem Pizzaladen bekommen. Dort sah ich ihn mehrmals, grüßte ihn. Aber der Laden ging an einen neuen Besitzer. Und unser Bekannter aus Eritrea – so sagte man – sei umgezogen. Später erfuhr ich, dass ein neuer Flüchtlingsbetreuer, ein Doktor, vielleicht ein Arzt?, jedenfalls alle Möbel entsorgen ließ, als die Familie in eine weiter entfernte Stadt zog. Das 80jährige Ehepaar musste nun auch aufhören, der Mann wurde schwer krank und starb inzwischen. Bei der Besichtigung wurde dann festgestellt, dass an dem neuen Wohnort überhaupt keine Möbel waren. Der Mann schlief in einer Abstellkammer, die Familie „hauste“ förmlich auf dem Boden, ohne Tisch und Schränke. Das alte Ehepaar war verzweifelt, konnte aber nun nicht mehr helfen. Nochmal würden sie nicht alles neu beschaffen wollen. Das solle nun der „Doktor“ machen, der da sich eingemischt hatte. Die alte Dame ist inzwischen auch zu ihren Kindern fern von unserer Stadt lebend und muss zusehen, das sie selber Hilfe bekommt. In einem Anruf schilderte sie mir, dass sie zu viel Miete zahle. Seit der Mann tot sei, könne sie sich nicht mehr über Wasser halten. Sie, die jahrelang sich um Flüchtlinge gekümmert hatte, regelmäßig zu den Besprechungen gegangen war, ist nun selber hilflos. Sie wohnt über einem Pflegeheim, ist aber selber nicht eingestuft. Und man hilft ihr nicht, weil sie ja nicht IM Pflegeheim sondern darüber wohnt. Betreutes Wohnen sollte das sein, aber es gibt für sie keine Flüchtlingshilfe oder Integrationsstelle, die sich um sie kümmert. Und doch fragte sie, wie es mit den Flüchtlingen in unserer Stadt aussehe. Das ist Engagement.

Wenn ich nun lese, welche Ansprüche manche Leute stellen, die hier unser Land als Zielort gefunden haben, dann wird mir übel, wenn ich es mit den Erfahrungen der alten Frau aus der Flüchtlingshilfe vergleiche. Es erinnert mich auch an die Pflege meiner Mutter, die Kosten mussten über Verkauf ihres bescheidenen Holzhauses in einem Provinzdorf refinanziert werden. Als Erbe kam bei ihrem Tod nichts, auch nicht für die Pflege meines Vaters. Das musste nun vom Sozialamt finanziert werden, wobei aus der Familie – nicht von mir zum Glück – Zuschüsse zu zahlen waren. Auch mein Vater bekam keine Integrationshilfe am neuen Wohnort, der fern seiner Heimatstadt sein musste, weil wir eine PflegeWG und kein Pflegeheim für den alten dementen Mann brauchten.

2013-05-24 08.23.30 copySo würde ich gerne über meine Erfahrungen mit Eingewanderten in meinem Beruf mehr sagen. Aber ich muss feststellen, dass Alle, denen ich begegnet bin, von den Ämtern gut versorgt worden sind. Es kümmerten sich Sozialamt, ARGE, Bildungswerk, Integrationsbeauftragte, Ausländeramt, Bezirksbeamte der Polizei, Gemeindemitarbeiter der Caritas, der Diakonie, der Flüchtlingshilfe, auch der örtlichen Kirchengemeinde. Bei den Muslimen kamen zusätzlich noch Hilfen aus deren Umfeld. Diejenigen, die Opfer von Straftaten geworden waren, bekamen einen Anwalt, bei Armut auf Staatskosten. Diejenigen, die Diebstähle, Betrügereien, Körperverletzungen, Einbrüche, Raubüberfälle gemacht hatten, waren gut informiert, wie sie sich bei der Polizei verhalten mussten, kannten ihre Rechtsansprüche und hatten auch stets bestimmte Anwälte, die  schnell da waren, wenn es um Haftgrundprüfungen ging.

Meine freundliche Art hat, anders als bei vielen anderen Gelegenheiten – insbesondere in uniformierten Polizei auf der Straße – manchen Konflikt und manche Eskalation verhüten helfen.

Aber wenn ich die Akten durchlese, wo sich Kollegen mit Dieben, Einbrechern, Aufsässigen auf der Straße gewälzt hatten, dann ist das schon beängstigend, wenn man sieht, wie sich das vermehrt hat in den letzten Jahren. Da werden offenbar Rettungskräfte, Polizeibeamte, Justizmitarbeiter, Angestellte in Ämtern und Behörden übel behandelt. Das aber lese ich mehr in der Zeitung. Ich kann aus Andeutungen einiger Kollegen, mit denen ich selten noch Kontakt habe, erkennen, dass alle sagen: „Sei froh, dass Du rechtzeitig aufgehört hast. Du würdest die Welt nicht mehr verstehen. Vieles wird unter den Teppich gekehrt, nicht presse-öffentlich. Es wird verharmlost. Es werden Vorgänge nur noch oberflächlich angegangen, wir schaffen das noch weniger als noch in 2011 oder 2013. Wir können uns kein falsches Wort mehr leisten. Und es sind nur noch Leute dazu gekommen, die keinerlei Praxiserfahrung haben, die keine kriminalistische Ausbildung haben, die aber oftmals ihre Arbeit nur als Job sehen und sich in den Pausen darüber unterhalten, wo sie am Wochenende oder am Abend sind. Früher hatte man auch Sachverhalte, über die man sprach. Man überlegte sich Teams, um eine Bande ausfindig zu machen“.

Nun muss man sagen, dass nach dem Regierungswechsel in NRW sich doch viele schwere Straftaten aufklären ließen und man erkennbar aktiv Bandenkriminalität, Gewalt, Missbrauch bekämpfen will und muss. Aber manches ist, wenn man die Menge sieht, die nicht bearbeitet werden kann, eher Schaufenster als Gesamtlage. Immerhin ist der politische Wille nach dem Ende der rotgrünen Illusionspolitik bei der Regierung in Nordrhein-Westfalen da. Hoffen wir, dass dies auch weiterhin so geht und man die Tausenden fähigen neuen Leute findet, um in einigen Jahren gut aufgestellt zu sein. Es braucht 5-10 Jahre, um einigermaßen gut in kriminalistischen Fragen arbeiten zu können. Da wurde viel verschlafen.

Das gilt im übrigen für alle Straftaten. Auch für Fragen der Motivationsforschung, der Kriminologie. Da gibts noch viel zu tun.

Und ja, ich sehe die Welt aus dem Blickwinkel meiner früheren Tätigkeit. Das bleibt nicht aus. Das kann mein Land erwarten. Bäcker sehen mehr die Fragen rund um ihr Handwerk. Rechtsanwälte sehen ihren Bereich. Wir alle aber müssen sehen: Je mehr man unsere Republik unübersichtlicher macht, mit neuen Ideologien und zum Teil archaischen Denkmustern unterhöhlt, umso mehr müssen wir darauf geeignete Kompetenzen ansetzen, wenn die freiheitliche, demokratische Grundordnung zerstört werden könnte. Und das geschieht. Ich meine die Zerstörung.

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mit dem o.a. Beitrag beende ich Teil II, meinen Essay, oder wie man das auch immer nennen mag.

Ich habe mich entschlossen, auf Erzählungen von Einzelfällen die ich bis 2013 kennen lernte zu verzichten, da sie längst vergangene Geschichte sind. Zu lange her, um pauschal etwas ableiten zu können.

Und für die Zeit ab 2013/2014 habe ich ja erklärt, was mein eigentliches Thema ist:

Blockade der herrschenden Gesellschaft gegenüber Personen wie mich, die nun Zeit und Muße gehabt hätten, kritisch begleitend ehrenamtlich zu arbeiten; junge Menschen anleiten und unterstützen; Erfahrungen einbringen.

Man wusste wohl ganz genau, dass ich dann die verfassungsfeindlichen Bestrebungen, die die Regierung Merkel vorangetrieben hat, oder andere – möglicherweise betrügerische – Konsequenzen vor Ort erkennen würde. Bekanntlich wurden meine Strafanzeigen wegen der Betrugsverdachtsmomente bezüglich des Landkreises, der froh gewesen zu sein schien, dass mehr Identitäten vorhanden waren als reale Personen, und der dadurch mehr Gelder einnehmen konnte, nicht weiter beachtet. Der Skandal „Bremen“ war so etwas, wurde kleingeredet und ist seither vergessen. Warum soll ich mich damit noch abgeben.

Ich habe erkannt, dass überhaupt keine Flüchtlinge mehr eingewandert sind. Es gibt gar keine. Alles was hier lebt, ist nicht Flüchtling, sondern es sind Migranten, Menschen auf der Suche nach einem einfacheren Leben vielleicht; überdrüssig der Verhältnisse in ihren Ländern, in denen sie nichts verändern können, nicht in Ruhe ihr Leben leben können. Oder ganz andere Motive? Und alles was seither dadurch geschieht, entzieht sich ja meiner eigenen Erfahrung. Ich sehe nur die vielen Leute, die hier weder Anschluss finden noch irgend etwas tun können. Wir haben um die 9 Prozent Arbeitslosigkeit in Ostfriesland im Bereich des Landkreises Aurich. Hier ist Landwirtschaft, die vollautomatisierte Gerätschaften nutzt. Hier ist unwirtliches Land, Sturm, nasse klebrige Böden, wenig Infrastruktur. Hier sieht man tagelang keinen Menschen, oder wenn, dann nur von Weitem. Da wollen Nordafrikaner nicht leben. In Köln ist das anders.

Teil III (Erfahrungen und Beobachtungen ab 2013 ) folgt

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