Offener Brief: Mutter von ermordeter Tochter und Enkelsohn an Bundeskanzlerin Merkel, die Grünen Fraktion, Boris Palmer, Katarina Barley

Marianne H. ist Teil von unserer Initiative an der Basis. Sie ist die Mutter von der ermordeten Tochter Anne und Enkelsohn Noah. Am 16.5.2019 schickte sie diesen offenen Brief an die Bundeskanzlerin Merkel, die Grünen Fraktion, Boris Palmer und Katarina Barley.

16.5.2019

Betrifft: Verantwortung von Staat und Gesellschaft am Beispiel des Mordes an meiner Tochter und ihres Sohnes

Sehr geehrte(r) . . (s.o.)

ich wende mich an Sie, da ich auf das Schicksal meiner Tochter und meines Enkels aufmerksam machen möchte und an Ihre Verantwortung als politisch Handelnde appelliere.
Meine Tochter Anne und ihr Sohn Noah wurden vor ca. 22 Monaten in Teningen bei Freiburg durch zahlreiche Messerstiche ermordet. Es wurde als Beziehungstat eingestuft. Für mich und meine Familie hat dieser Mord jedoch auch eine politische Verantwortung.

Der Täter war der Vater und Lebensgefährte meiner Tochter. Als Flüchtling 2002 aus Algerien gekommen, hatte er über eine Ehe die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Seine Asylanträge wurden damals abgewiesen.
Anne hatte sich von ihm getrennt und das Kind mitgenommen. Sie zog unter Polizeischutz aus und hatte danach unter verdeckter Adresse gelebt. Die Gefahr einer Entführung nach Algerien war immer gegeben.
Der Täter fuhr mit 2 Messern zum Tatort. Er erstach die Mutter und ihr Kind vor den Augen der Öffentlichkeit im Auto. Das Messer ließ er im Kind stecken. Seinem Sohn, welchen er über alles liebte!

War es ein Ehrenmord?
Ca. 1/2 Jahr vor der Tat richtete der Mörder sich eine Gebets-App ein. Ist anzunehmen, dass er als streng gläubiger sunnitischer Muslim sich auf Grundlage des Scharia-Rechts für sein Handeln legitimiert fühlte? – Später nahm er mit größter Ruhe zur Kenntnis, dass beide tot waren.

Ich klage hier Staat, Medien und Gesellschaft an!
Bei den zahlreichen toten Frauen, die wir derzeit in Deutschland registrieren müssen, muß mehr passieren, als diese Toten nur unter Beziehungsmord laufen zu lassen. Es muß mehr passieren, als nur ein Wegsehen wollen.

Es war ein Mord, der nicht hätte passieren dürfen und müssen.
Der Mörder hatte schon zuvor sein Denken mitgeteilt mit den Worten: „Es wird Blut fließen“, „Ich schlachte dich ab wie einen Hasen“, „Noah ist mein Sohn, kein Mensch auf der Welt kann mir Noah nehmen“. Er hat alle Drohungen umgesetzt.

Wie blind wir alle waren! Wir: die Familie, Anwälte, Richter, Polizei, Jugendamt, der psychosoziale Berater/Mediator.Drohungen des Mörders lagen schriftlich vor!
Hinterher wurde es als Beziehungstat dargestellt. Das ist die einfachste Form, sich einer neuen Entwicklung in Deutschland zu entziehen.
Wie viele tote Mädchen und Frauen wird es weiterhin geben, wenn eine Mentalität, durch die Scharia geprägt, nicht ernster genommen und als Gefahr eingestuft wird!

Ich klage den deutschen Staat an!
Mit einer Politik des Wegsehens und der Nichtwahrnehmung bietet er keine ausreichenden Hilfs- und Schutzmaßnahmen.

Ich klage die Gesellschaft an!
Wir opfern unsere Töchter und Frauen auf dem Altar der Toleranz!
Vor der Ermordung mussten wir immer Angst haben, dass das Kind entführt wird.

Anne hatte das Kind! Das Familiengericht hatte es ihr zugesprochen.
Der Täter war „enttäuscht vom deutschen Gericht“ – war empört, weil er das Kind nicht besitzen konnte. Er sprach von verletzter Ehre.
Am Tag vor dem Mord wurde ein gerichtliches Annäherungsverbot zugestellt. Der Mörder nahm es offenbar zum Anlass, selber handeln zu müssen.
Anne wollte uns zum ersten Mal mit dem Kind besuchen kommen. Der Vater ließ es zuvor nicht zu. Wir alle hatten uns schon so sehr aufeinander gefreut. Wir glaubten, es würde alles normal werden.
Jedoch – sie kamen nicht. Es kamen die Urnen mit der Asche der beiden.
Wir alle hätten zuvor anders reagieren müssen bei diesen Sätzen:
„Es wird Blut fließen, ich werde deiner Familie Schaden zufügen“.

Wir alle hätten seine Vorstellung von Gekränktsein und verletzter Ehre mit „Noah ist mein Sohn, kein Mensch auf der Welt wird mir Noah nehmen“ anders werten müssen.
Ist das Denken, dass die Kinder zum Mann gehören – Söhne ganz besonders, der Scharia entsprechend?

Ich klage den deutschen Staat an! Ich mache den Politikern große Vorwürfe!
Es kommen Menschen zu uns nach Deutschland, die zur Gefahr für unsere Mädchen und Frauen werden! Aufgrund einer völlig anderen Sozialisation, Werte-Vorstellung und eines komplett anderen Frauenbilds, unter anderm geprägt durch die Scharia-Ideologie.
Es erfolgt keine ausreichende Aufklärung über die Gefahren.
Es findet eine große Verharmlosung und Relativierung statt.

Ich klage auch die Medien an!
Sie klären nicht genug auf! Es gibt in den Medien zu wenige Informationen und ein zu großes Verständnis für diese archaischen Kulturen.

Einige Wochen nach dem Mord wurde in den Heute-Nachrichten berichtet, ein abgeschobener Afghane ( wegen Drogenhandel) hätte Suizid gemacht. Das Anne und Noah ermordet wurden, darüber verlor man kein Wort. Ich empfinde es als Verrat!
Bei mir /uns ist ein Doppelmord passiert.
Nur – ein Kollateralschaden?
Nur -ein Zufall? Etwas, das inzwischen überall jederzeit passiert?
Nur – ein Beziehungsmord?

Müssen wir alle – und ganz besonders die Frauen, uns in die Denkmatrix und das Weltbild dieser schariageprägten Männerkultur einfühlen und akzeptieren, um unser Leben und unsere Freiheit schützen zu können?

Ich fordere mehr ernsthafte öffentliche Aufklärung zu den vielen Gewalttaten.
Ich erwarte das! – von der Politik und den Medien.
Wir Frauen und Mädchen fordern mehr Schutz!

Mit freundlichem Gruß

Marianne H.

Berichtet wurde über den Fall in der: Tichys Einblick (2019), Welt am Sonntag (2018), Badische Zeitung (2017)